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Buß- und Bettag – Geschichte, Bedeutung & warum heute nur noch Sachsen feiert
Der Buß- und Bettag war einst ein bundesweiter Feiertag – heute gilt er nur noch in Sachsen. Erfahre die spannende Geschichte, historische Fakten, politische Entscheidungen und zukünftige Termine bis 2027.
Ein stiller Feiertag mit großer Geschichte
Der Buß- und Bettag wirkt in unserer modernen, hektischen Zeit fast wie ein Relikt. Kein Shopping, keine Feuerwerke, keine laute Tradition – stattdessen ein Tag der Besinnung, der Selbstreflexion und des Nachdenkens.
Doch hinter diesem scheinbar unauffälligen Feiertag steckt eine überraschend aufregende, jahrhundertelange Geschichte, die von Kriegen, Seuchen, politischen Wendepunkten und Reformen geprägt wurde. Heute ist er nur in Sachsen ein offizieller Feiertag – und genau das macht ihn so besonders.
Die kommenden Termine in Sachsen
Der Buß- und Bettag findet immer am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres statt. Die nächsten Termine:
- 19. November 2025
- 18. November 2026
- 17. November 2027
Für Arbeitnehmer*innen in Sachsen ist er ein gesetzlicher Feiertag – bundesweit einzigartig.
1. Ursprünge im Mittelalter: Ein Tag gegen Not und Katastrophen
Die ersten Buß- und Bettage wurden bereits im Mittelalter ausgerufen. Sie waren Reaktionen auf große Krisen:
- Pestseuchen
- drohende Kriege
- Missernten und Hungersnöte
- Naturkatastrophen
Städte und Herrscher ordneten Buß- und Bettage an, damit Menschen innehalten, beten und sich bessern sollten.
Der älteste dokumentierte Bußtag (1532)
Kaiser Karl V. ließ 1532 wegen der Bedrohung durch das Osmanische Reich einen reichsweiten Bußtag ausrufen. Mit der Reformation erhielten die Bußtage eine neue Bedeutung – besonders in evangelischen Gebieten.
2. Vom Flickenteppich zum Reichsbußtag
Deutschland bestand früher aus vielen kleinen Staaten, und jeder regelte seine Feiertage anders. Daher gab es:
- Territorien mit mehreren Bußtagen im Jahr,
- andere mit nur einem,
- wieder andere nur in Krisenzeiten.
Erst 1893 einigten sich die evangelischen Kirchen auf einen einheitlichen Termin, um Ordnung in die Vielzahl regionaler Bußtage zu bringen: den Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag.
Diese Regel gilt bis heute.
3. Der Buß- und Bettag im 20. Jahrhundert: Vom Kaiserreich zur Bundesrepublik
Weimarer Republik & NS-Zeit
Während der Weimarer Zeit gab es den Feiertag vielerorts, aber nicht flächendeckend.
Die Nationalsozialisten betrachteten religiöse Feiertage skeptisch – 1939 wurde der Buß- und Bettag sogar gestrichen, um „mehr Arbeitszeit für das Winterhilfswerk“ zu schaffen.
Wieder eingeführt nach 1945
In Westdeutschland wurde der Buß- und Bettag nach dem Krieg erneut bundesweit eingeführt.
In der DDR galt er zunächst weiterhin, wurde aber 1966 abgeschafft.
Bundesweiter Feiertag bis 1994
Bis 1994 war der Buß- und Bettag in allen westdeutschen Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag – still, aber fest verankert.

4. Warum wurde der Buß- und Bettag 1995 abgeschafft?
Das „Schicksalsjahr“ war 1995.
Grund war die Einführung der Pflegeversicherung. Um Arbeitgeber zu entlasten, sollte ein Feiertag gestrichen werden, damit Beschäftigte einen zusätzlichen Arbeitstag hatten.
Der Buß- und Bettag wurde aus mehreren Gründen ausgewählt:
- Er war ein konfessioneller Feiertag.
- Er hatte keine großen wirtschaftlichen Auswirkungen.
- Er lag spät im Jahr.
Alle Bundesländer strichen ihn – nur Sachsen behielt ihn.
5. Welche Bundesländer hatten früher den Buß- und Bettag als Feiertag?
Bis 1994 war der Buß- und Bettag ein gesamtdeutscher Feiertag in Westdeutschland. Folgende Länder feierten ihn:
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Berlin (West)
- Bremen
- Hamburg
- Hessen
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Schleswig-Holstein
In der DDR galt er bis 1966, danach nicht mehr.
Damit war der Buß- und Bettag einst ein bundesweiter und historisch tief verwurzelter Feiertag, der in vielen Regionen eine lange Tradition hatte.
6. Warum feiert heute nur noch Sachsen?
Sachsen entschied, den Feiertag trotz Pflegeversicherung zu behalten – allerdings mit einer Besonderheit:
- Arbeitnehmer in Sachsen zahlen 0,5 % mehr Pflegeversicherungsbeitrag.
- Arbeitgeber zahlen dort den normalen Beitrag.
So bleibt der Buß- und Bettag der einzige gesetzliche Feiertag, der in Deutschland nur in einem Bundesland gilt.
7. Bedeutung heute: Ein Tag der Ruhe und Selbstreflexion
Während viele Feiertage zunehmend kommerzialisiert werden, ist der Buß- und Bettag ein Gegenentwurf:
Kein Konsum, keine Traditionen, keine Feierlichkeit – dafür Raum für:
- Nachdenken
- ethische Fragen
- gesellschaftliche Verantwortung
- Friedensgebete
- Versöhnung und Besinnung
Kirchengemeinden widmen den Tag oft Themen wie:
- Frieden in der Welt
- Gerechtigkeit
- Verantwortung im Alltag
- Schuld und Vergebung
Ein Feiertag, der still ist, aber dennoch eine tiefe Wirkung entfalten kann.
8. Wird der Buß- und Bettag zurückkehren?
Immer wieder gibt es politische und gesellschaftliche Diskussionen, den Buß- und Bettag als Pflege-Gedenktag oder sozialethischen Feiertag wieder einzuführen. Bislang gibt es aber keine Mehrheit dafür.
Sachsen bleibt daher weiterhin der Hüter dieses besonderen Feiertags.
Fazit: Ein einzigartiges Stück deutscher Geschichte
Der Buß- und Bettag ist ein Feiertag voller Geschichte, spiritueller Tiefe und politischer Wendungen.
Er erzählt viel über Deutschland – über Werte, Krisen, Reformen und Traditionen.
Heute ist er ein stiller Schatz, der nur noch in Sachsen offiziell gepflegt wird. Und vielleicht macht gerade das ihn so wertvoll.